“Offene See” von Benjamin Myers

Der jun­ge Robert weiß schon früh, dass er wie alle Män­ner sei­ner Fami­lie Berg­ar­bei­ter sein wird. Dabei ist ihm Enge ein Graus. Er liebt Natur und Bewe­gung, sehnt sich nach der Wei­te des Mee­res. Daher beschließt er kurz nach dem Zwei­ten Welt­krieg, sich zum Ort sei­ner Sehn­sucht, der offe­nen See, auf­zu­ma­chen. Fast am Ziel ange­kom­men, lernt er eine älte­re Frau ken­nen, die ihn auf eine Tas­se Tee in ihr leicht her­un­ter­ge­kom­me­nes Cot­ta­ge ein­lädt. Eine Frau wie Dul­cie hat er noch nie getrof­fen: unver­hei­ra­tet, allein lebend, unkon­ven­tio­nell, mit sehr kla­ren und für ihn uner­hör­ten Ansich­ten zu Ehe, Fami­lie und Reli­gi­on. Aus dem Nach­mit­tag wird ein län­ge­rer Auf­ent­halt, und Robert lernt eine ihm voll­kom­men unbe­kann­te Welt ken­nen. In den Gesprä­chen mit Dul­cie wan­delt sich sein von den Eltern gepräg­ter Blick auf das Leben. Als Dank für ihre Groß­zü­gig­keit bie­tet er ihr sei­ne Hil­fe rund um das Cot­ta­ge an. Doch als er eine wild wuchern­de Hecke stut­zen will, um den Blick auf das Meer frei­zu­le­gen, ver­bie­tet sie das barsch. Eben­so ableh­nend reagiert sie auf ein Manu­skript mit Gedich­ten, das Robert fin­det. Gedich­te, die Dul­cie gewid­met sind, die sie aber auf kei­nen Fall lesen will.

Bei man­chen Büchern wünscht man sich, dass man noch ein biss­chen län­ger dar­an lesen könn­te. Auch wenn man seit den ers­ten Sei­ten weiß, wie die Geschich­te aus­geht, ist die Ent­wick­lung bis dort­hin lesens­wert. In bild­haf­ter Spra­che beschreibt Myers Natur und Cha­rak­te­re, humor­voll und ein­fühl­sam die Annä­he­rung der bei­den Haupt­fi­gu­ren. Ein zau­ber­haf­tes Lesevergnügen.

B. K., Sandhausen

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