„Small World“ ist Fallstudie, Gesellschaftsroman und Thriller in einem.
Konrad Lang, Mitte sechzig, wird auf einmal wieder von intensiven Bildern aus der Kindheit heimgesucht. Und es zieht den heruntergekommenen alten Mann magisch zur Villa seiner ehemaligen ›Familie‹, wo man sich seiner nur ungern erinnert. Was geht mit ihm vor?, fragt sich vor allem die achtzigjährige Elvira Senn besorgt, unangefochtenes Oberhaupt dieser Familie und große alte Dame der renommierten Schweizer Koch-Werke. Sie ist irritiert von Konrads wachsendem Erinnerungsvermögen, und mit gutem Grund: Elvira hat nämlich etwas zu verbergen. Konrads Kindheit und Jugend waren denkbar ungewöhnlich. Als uneheliches Kind eines Dienstmädchens, aber Spielkamerad – oder vielmehr Lakai – eines gleichaltrigen Multimillionärssohns, ist er aufgewachsen in der Welt der Reichsten, ohne dort je akzeptiert zu sein. Und jetzt möchte der verwirrte alte Mann nur eines: zurück in den Schoß der Familie, die ihn sicher nicht nur gut behandelt hat. Elvira Senn nimmt ihn auf, als Pflegefall. Doch Konrad wird für sie zu einer zunehmenden Bedrohung. Zumal er in der Familie unerwartet eine Beschützerin gefunden hat. Ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit, gegen die rätselhafte Erkrankung und gegen die immer panischeren Widerstände der alten Dame beginnt. Er endet in einem fast heiteren Finale.
Was bringt eine schwerreiche Witwe der besten Schweizer Gesellschaft dazu, immer wieder schützend ihre Hand über einen Spielgefährten ihres Sohnes aus dessen Kinderzeit zu halten? Der Leser nimmt Anteil an der zunehmenden Demenz des begünstigten Mitsechzigers und man könnte annehmen, dass dadurch eine Erklärung nie ans Licht kommt. Gekonnt konstruiert gibt Suter häppchenweise Hinweise auf die Gründe der Gönnerin. Raffiniert, spannend und auch humorvoll.
B. K., Sandhausen
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