“Small World” von Martin Suter

„Small World“ ist Fall­stu­die, Gesell­schafts­ro­man und Thril­ler in einem.
Kon­rad Lang, Mit­te sech­zig, wird auf ein­mal wie­der von inten­si­ven Bil­dern aus der Kind­heit heim­ge­sucht. Und es zieht den her­un­ter­ge­kom­me­nen alten Mann magisch zur Vil­la sei­ner ehe­ma­li­gen ›Fami­lie‹, wo man sich sei­ner nur ungern erin­nert. Was geht mit ihm vor?, fragt sich vor allem die acht­zig­jäh­ri­ge Elvi­ra Senn besorgt, unan­ge­foch­te­nes Ober­haupt die­ser Fami­lie und gro­ße alte Dame der renom­mier­ten Schwei­zer Koch-Wer­ke. Sie ist irri­tiert von Kon­rads wach­sen­dem Erin­ne­rungs­ver­mö­gen, und mit gutem Grund: Elvi­ra hat näm­lich etwas zu ver­ber­gen. Kon­rads Kind­heit und Jugend waren denk­bar unge­wöhn­lich. Als unehe­li­ches Kind eines Dienst­mäd­chens, aber Spiel­ka­me­rad – oder viel­mehr Lakai – eines gleich­alt­ri­gen Mul­ti­mil­lio­närs­sohns, ist er auf­ge­wach­sen in der Welt der Reichs­ten, ohne dort je akzep­tiert zu sein. Und jetzt möch­te der ver­wirr­te alte Mann nur eines: zurück in den Schoß der Fami­lie, die ihn sicher nicht nur gut behan­delt hat. Elvi­ra Senn nimmt ihn auf, als Pfle­ge­fall. Doch Kon­rad wird für sie zu einer zuneh­men­den Bedro­hung. Zumal er in der Fami­lie uner­war­tet eine Beschüt­ze­rin gefun­den hat. Ein dra­ma­ti­scher Wett­lauf gegen die Zeit, gegen die rät­sel­haf­te Erkran­kung und gegen die immer pani­sche­ren Wider­stän­de der alten Dame beginnt. Er endet in einem fast hei­te­ren Finale.

Was bringt eine schwer­rei­che Wit­we der bes­ten Schwei­zer Gesell­schaft dazu, immer wie­der schüt­zend ihre Hand über einen Spiel­ge­fähr­ten ihres Soh­nes aus des­sen Kin­der­zeit zu hal­ten? Der Leser nimmt Anteil an der zuneh­men­den Demenz des begüns­tig­ten Mit­sech­zi­gers und man könn­te anneh­men, dass dadurch eine Erklä­rung nie ans Licht kommt. Gekonnt kon­stru­iert gibt Suter häpp­chen­wei­se Hin­wei­se auf die Grün­de der Gön­ne­rin. Raf­fi­niert, span­nend und auch humorvoll.

B. K., Sandhausen

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